ICOMOS BEFÜRWORTET AUFNAHME DER ARMENKOLONIEN ALS WELTKULTURERBE
Die Wahrscheinlichkeit der Eintragung in die UNESCO-Welterbeliste ist für die Armenkolonien deutlich gestiegen. So lautet die Empfehlung des internationaler Rats für Denkmalpflege ICOMOS, dem Beratungsgremium des UNESCO-Welterbekomitees, die am 4. Juni auf der UNESCO-Website veröffentlicht wurde.
ICOMOS-Gutachten
In seinem Gutachten bestätigt ICOMOS den Stellenwert der Armenkolonien und empfiehlt die Aufnahme dieses groß angelegten, weit reichenden sozialen Experiments zur Armutsbekämpfung durch einheimische Agrarkolonien in die UNESCO-Welterbeliste. ICOMOS teilt die wissenschaftliche Begründung für den universellen und weltweit außerordentlichen Wert der Armenkolonien.
NEUes UNESCO-weltkulturerbe zwischen zwei ländern
Das ICOMOS-Gutachten bringt den Status als UNESCO-Weltkulturerbe für die Armenkolonien einen entscheidenden Schritt näher. Die Chance auf eine erneute Eintragung in die UNESCO-Welterbeliste steigt somit für Belgien und die Niederlande. Es handelt sich dabei um das transnationale Seriendossier zu den Armenkolonien Frederiksoord-Wilhelminaoord (NL), Wortel (BE) und Veenhuizen (NL).
2020 musste die Sitzung des Welterbekomitees aufgrund der Coronapandemie ausfallen. Kürzlich wurde jedoch bekannt, dass die 44. Sitzung des UNESCO-Welterbekomitees vom 16. bis 31. Juli 2021 abgehalten wird. Die Mitglieder des Komitees treffen sich dann online, um über Anwärter für die Welterbeliste zu beraten, darunter auch die Armenkolonien. Letztlich sind es die Mitglieder, die die endgültige Entscheidung fällen. Das Komitee tagt voraussichtlich zwischen dem 23. und 27. Juli.
Eine aussergewöhnliche geschichte
Die Armenkolonien wurden zwischen 1818 und 1825 als integrale Lösung zur Armutsbekämpfung in inländischen Agrarkolonien geschaffen. Nach den Napoleonischen Kriegen waren Armut und Bettelei im Königreich der Vereinigten Niederlande (Niederlande, Belgien und Luxemburg) weit verbreitet, insbesondere in den Städten. Mit der Gründung der Armenkolonien wurde die karge Heide- und Moorlandschaft durch menschliche Eingriffe völlig neu geordnet und mit einer gleichmäßigen geometrischen Struktur überschrieben. Die so entstandene Kulturlandschaft mit breit angelegten Alleen, Koloniehäusern, Anstalten und Höfen, Feldern und Weideland spiegelt die aufgeklärten Ideen der Zeit wider.
Ein Spaziergang durch die verschiedenen Kolonien führt in die Vergangenheit. Obwohl die einstigen Bewohner (Kolonisten, Landstreicher, Waisen) längst verschwunden sind, sind ihre Spuren noch heute deutlich sichtbar. Sie zeigen, wie die Menschen vor zwei Jahrhunderten mit der Bekämpfung der Armut experimentierten und wie eine sich wandelnde Sozialmoral die Landschaft prägte.